Die Frau im Herbst

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Kultur

Und wieder ist es Herbst hienieden… Ich hatte ja schon einmal erzählt, wie sehr ich es genieße, wenn es draußen kälter, dunkler und ungemütlicher wird. Während ich das hier schreibe, scheint zwar gerade die Sonne, aber es ist eben auch keine sorglose Sommersonne mehr, sondern die gutmütige Herbstsonne. Sie ist etwas müde und freut sich darauf, jetzt selbst öfter mal Ruhe zu haben und sich zurückzuziehen. Sie lässt die Wolken, den Wind und den Regen jetzt die meiste Arbeit machen.

Ich habe mit dem Gatten und dem Hund einen wunderschönen Spaziergang gemacht. Auf einem Feld wuchsen sogar Artischocken!

Tief Luft geholt und die weite Sicht genossen!

So, wie in der Schulzeit im September die Ferien zuende waren und ein neues Schuljahr begann. Wieder Lust und wieder Kraft. Das passt in diesem Jahr besonders gut zu mir.

Meine erste große Kraftquelle für diesen Herbst war mein 60. Geburtstag.

Das ist zwar ganz schön alt, aber ich bekomme auch viel dafür. Wertvolle Erfahrungen, Gelassenheit, eine ganz andere Form der Achtsamkeit. Die hatte ich früher nicht so.

Es ist eine Art Ernte, wenn du älter wirst. Ich habe Freund:innen, die ich schon seit Jahrzehnten kenne. Mit ihnen bin ich durch dick und dünn, durch Freud und Leid gegangen – und sie mit mir! Jetzt freuen wir uns, dass wir leben und vieles erreicht haben. Wir genießen viel 😊! Zum Beispiel die unterschiedlichen Formen der Kultur, für die wir uns manchmal als deutlich jüngere Menschen nicht so ganz reif gefühlt haben.

Kultur ist eine unglaubliche Kraftquelle!

Dabei ist es völlig Hupe, ob du Musik hörst, dir Bilder ansiehst, Fotos machst, Gedichte liest, selber schreibst oder sonstwas. Lass dich inspirieren und genieß den anderen Blick auf die Dinge. So kannst du offen und empfänglich bleiben. Für mich seit Kindertagen eine unglaublich wichtige Er-Leichterung, da ich zum Grübeln und Rumsumpfen neige. Ich kann eine andere Perspektive einnehmen. Das belebt die trüben Sinne und schafft lebendige kleine Räume in mir. So eine Art Spielzimmer, in dem ich auch selbst kreativ werden kann – aber nicht muss.

Beispiel 1: Im September habe ich mit meiner lieben Freundin Beate, die selbst eine begnadete Fotografin ist, eine Fotoausstellung besucht. Mitreißende Bilder aus Kuba. Aus Reportagen oder für einen Kalender. Sehr unterschiedlich, sehr kraftvoll. Sie ist leider schon fast zuende, aber schau dir einige der Bilder auf der Website des Fotografen Sven Creutzmann an:

Ich war so begeistert von diesen Bildern! Und Beate hat dem Gatten einen Tipp gegeben – und jetzt besitze ich eines der Fotos aus Kuba! Das sehe ich an und ich höre die Musik von Ruben Gonzalez, der darauf abgebildet ist. Ein sehr alter Mann am Klavier, in einem völlig heruntergekommenen Saal, vielleicht in einem ehemaligen Hotel. Wichtig ist nur die Musik. Hier ein paar Infos vom Deutschlandfunk zu Ruben Gonzales:

https://www.deutschlandfunk.de/vor-100-jahren-geboren-der-kubanische-pianist-ruben-gonzalez-100.html

Sinne auf, Inspiration rein!

Beispiel 2: Vor einigen Tagen habe ich mich mal wieder an bewegte Bilder getraut. Oder bebilderte Töne: eine Art „Hörfilm“, eine akustische und optische Auseinandersetzung mit dem Leben als Frau.

2x Chromasoma – Frauengeschichten Teil 1+2/Hörstück von Katrin Nowak und Oona Kastner | Filminstallation von Barbara Bechtloff

Ich kenne Barbara aus meiner Zeit als Pressereferentin beim ASB-Bundesverband. Zusammen haben wir so manche Reportage für das ASB Magazin gemacht. Sie ist eine richtig gute Fotografin https://bbfotografie-koeln.de/ und eine total nette und kluge Frau.

So stand es in der Einladung zu der Vorführung im Filmhaus Köln:

„Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es“, sagte vor Jahrzehnten die Feministin Simone de Beauvoir. Was bedeutet es heute, als Frau geboren zu sein? Was bedeutet FrauSein in unterschiedlichen Generationen und aus unterschiedlichen Herkunftsfeldern? Wie sehen Visionen von Frauen in Bezug auf eine mögliche Transformation persönlicher und gesellschaftlicher Strukturen aus? Von diesen Fragen ausgehend haben die Künstlerinnen Katrin Nowak und Oona Kastner sich auf den Weg einer Identitätssuche von siebzehn sehr unterschiedlichen Frauen gemacht und mit ihnen Interviews geführt. Die befragten Frauen finden Wörter und erzählen mit einer großen Offenheit Geschichten aus dem eigenen Leben und wie es weitergehen könnte. Aus den autobiografischen Interviews haben Katrin Nowak und Oona Kastner ein Hörstück inszeniert und komponiert, das den Stimmen einen Hör-Raum gibt.

  Die Kölner Fotografin Barbara Bechtloff hat mit ihren Aufnahmen eine Filminstallation dazu geschaffen, die die Gedanken, Überlegungen, Wünsche und Hoffnungen der Frauen aufgreift und in assoziative Bildwelten umsetzt. Entstanden ist ein „Hörfilm“, der durch die einfühlsame Umsetzung von Wort, Ton und Bild eine intime Nähe zu den Frauen und ihren Geschichten schafft.“

Beschreib mal Kunst.

Kunst berührt aus sehr unterschiedlichen Gründen. Es kann die unfassbare Perfektion der alten Meister sein. Ich erfahre etwas über deren Weltsicht. Aber deren Motive, z. B. Heilige oder hohe Kirchenfürsten, bewegen mich selten.

Dinge, die abstrakt sind, muss ich mir erarbeiten. Das gelingt nicht immer. Wenn ich Glück habe und meine Sinne offen sind, finde ich einen Zugang.

Aber dieser Film mit den eher experimentellen Bildern von Barbara und den O-Tönen der verschiedenen Frauen hat mich inspiriert. Zum überlegen, wie ich mein Leben als Frau lebe. Was wären meine letzten Worte und wie war meine Frau-Werdung vor ca. 45 Jahren? Wie ist meine Sicht der Dinge aus der Sicht der Frau, die ich mal war? Ich kann darüber schreiben oder Fotos machen. Meine eigene Kunst.

Wie lange wirkt Kunst?

Ich werde sicher noch oft an den Film denken. So wie ich besondere Ausstellungen nie vergessen werde. Aber ich glaube, wirkliche Kunst wirkt im Inneren, oft unbemerkt. Und sie bereichert dich, ohne, dass du dir dessen bewusst bist.

Ist das nicht wunderbar?

Ich fürchte, ich bin ins Schwafeln geraten. Tut mir leid.

Aber das ist mein Herbst in diesem Jahr.

Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir von deinem Herbst schreibst! Was inspiriert dich oder was denkst du über Kunst?

Ich wünsche dir eine tolle Zeit! 

Deine Gisella <3

 

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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ich finde es manchmal schwer, in diesen Zeiten Kultur zu genießen. Geschweige denn, mich inspirieren zu lassen. Aber im Grunde hast du recht. Ich mag Musik und nach jedem Konzert fühle ich mich gestärkt.

    Antworten
    • Gisela Graw
      6. Oktober 2022 14:07

      Ja, das kann ich gut verstehen. Geht mir auch oft so. Aber dann kann ich auch nicht anders. Wichtig ist nur, dass wir nicht vergessen, was um uns herum außerhalb von Kultur und Unterhaltung passiert. Danke und lieben Gruß an dich!

      Antworten

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