Herzlichen Glückwunsch! Du bist eine Frau!

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Worüber ich so nachdenke...

Vielen Dank für die Blumen. Ich freu mich ja auch, dass ich eine Frau bin, aber der Weltfrauentag sollte in diesem Beitrag gar nicht das Thema sein. Dann ist er es aber doch geworden und das kam so:

Ist es dir auch schonmal passiert, dass du was zur Diskussion beitragen wolltest, das so absolut nicht zum Thema der Runde passt? Du das aber unbedingt erzählen wolltest? So ging es mir in dieser Woche mit meinem Blog-Text. Ich wollte was sehr Persönliches schreiben. Habe damit angefangen, etwas über meine Dankbarkeit und Freude zu schreiben. Irgendwie kam ich dann doch auf das Thema 8. März.  Also musste ich alles wieder umstellen und neu schreiben.

Das mache ich aber gerne, denn manche Themen sind wichtiger als andere. Um es also ganz deutlich zu sagen:

Ich will doch was zur Diskussion beitragen

Kurz zur Geschichte des Weltfrauentags: Der ist Anfang des vorletzten Jahrhunderts von Clara Zetkin angeregt worden. Sie war eine bekannte Frauenrechtlerin und kämpfte damals um nichts Geringeres als das Wahlrecht für Frauen. Das können wir uns heute kaum noch vorstellen: Wenn es jetzt noch so wäre, gäbe es ausschließlich Männer in der Politik (welch furchtbarer Gedanke) und wir würden unsere Gatten weder zur Wahlurne begleiten (stattdessen Kuchen backen) noch eine politische Meinung haben dürfen. Ich meine, wir hätten bestimmt eine, dürften sie nur nicht laut sagen. Brav sein.

Das ist zum Glück inzwischen anders – eben auch dank Clara Zetkin und ihrer Mitstreiterinnen, dank der Sufragetten und der vielen streitbaren Frauen, die sich für ihre Töchter, Enkelinnen und Urenkelinnen eingesetzt haben – für uns.

Es hat sich also viel getan seit rund 110 Jahren. Trotzdem ist Sexismus nach wie vor nichts Ungewöhnliches für uns.

Und der beginnt mit dem berühmten „Mansplaining“. Kennst du das? Ich bin so froh, dass es ein Wort dafür gibt. Mansplaining liegt vor, wenn dir ein Kerl die Welt erklären will. Vorzugsweise auf einem Gebiet, auf dem du Fachfrau bist. Er weiß es aber trotzdem wirklich und wahrhaftig besser. Ich bin sicher, dass du jetzt grinst. 😊 Mansplainig ist zwar nervig, frau kann es aber mit einer klaren Ansage in Richtung Klugscheißer lösen. Oder auch mal drüber lachen.

Damals wollte ich so stark sein wie ein Junge. Ich kannte keinen Jungen, der so klug sein wollte wie ein Mädchen. 😉

Dann geht es sehr viel unangenehmer weiter mit dem „Gender Pay Gap“. Das heißt: Frauen verdienen im Schnitt rund 19 Prozent weniger als Männer. Nur weil sie Frauen sind. Was soll das? Warum darf das sein und warum kontrolliert das keiner?

Zum Gender Pay Gap gibt es einen Bericht des Statistischen Bundesamtes.

Ich kenne das so ähnlich auch: Habe als junges Ding eine Lehrstelle als Fotografin nicht bekommen, weil ich ein Mädchen war. Als Journalistin hatte ich Jahre später das Nachsehen, als ein Mann (höchstens genauso qualifiziert wie ich) mir die Festanstellung weggeschnappt hat. Und ich habe in jedem Job bisher deutlich weniger als mein Mann verdient. Das hat auch mit sehr unterschiedlichen Arbeitgebern zu tun, aber es ärgert mich trotzdem.

Auch in der Wirtschaftswoche steht ein interessanter Text zum Gender Pay Gap.

Doch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Benachteiligungen sind nicht die einzige Erscheinungsform von Sexismus.

Das Schlimmste ist die körperliche Gewalt gegen Frauen.

Das BMFSFJ geht in einem Text vom November 2020 davon aus, dass etwa jede vierte Frau mindestens einmal im Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob du in einer Sozialwohnung lebst oder im gediegenen Reihenhaus. Frauen werden überall und in jedem Alter geschlagen, gedemütigt und vergewaltigt. Und Corona macht diese Situation noch schlimmer.

Unter diesem Link finden Frauen Hilfe, die nicht wissen, wie sie dieser Gewalt entkommen können: https://staerker-als-gewalt.de/

Während ich das schreibe, merke ich, wie ich sauer werde.

Das Thema berührt mich. Ich wollte eigentlich über was ganz anderes schreiben. Wollte mich ganz bewusst aus den aktuellen Themen raushalten. Aber das ging leider nicht.

Nur mal kurz: Das Thema war nämlich eigentlich in dieser Woche mein vorherrschendes Gefühl der Dankbarkeit. Das bin ich wirklich: Ich habe meinen Traumjob gefunden. Mit deutlich über 50! Ich habe einen wunderbaren Ehemann. Ich habe Corona überlebt und ich habe die besten Freunde und -innen, die ich mir nur wünschen kann. Meine Mutter ist fast 93 und es geht ihr gut. Und ich habe eine westfälische Familie, mit der ich tolle Onlinepartys feiern kann. Das alles hat mich diese Woche sehr glücklich gemacht.

Ich hatte und habe Glück. Jede vierte Frau hat es nicht.

Der Vorteil eines Blogs ist ja, dass ich mich „gemein machen“ darf. Ich muss mich nicht vom Thema meines Textes distanzieren, wie gute Journalistinnen das tun. Ich darf und soll sogar persönlich werden. Also:

Ich bin dankbar wütend

Warum tun sich Gesellschaften auf der ganzen Welt so schwer, Frauen zu respektieren? Was sind das für verwahrloste Seelen, die schlagen, vergewaltigen und töten?

Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich hier in meinem Dichterstübchen gemütlich sitze und außer meinen zehn Fingern nichts rühre, um an diesen Zuständen etwas zu ändern.

Aber vielleicht hilft es ja zunächst, dass ich mir bewusst gemacht habe, was wir am Frauentag eigentlich feiern. Und dass ich es dir hier geschrieben habe, statt über Gefühle zu schwafeln.

Ich bin immer noch neu auf dem Gebiet des „Frauenbloggens“. Ich habe keine Ahnung, ob so ein Text etwas bewirken kann. Oder ob ich überhaupt daran denken darf, hier etwas bewirken zu können. Etwas verändern kann vielleicht eine gute und ausführlich recherchierte Titelgeschichte im Spiegel. Der am 13. Februar über den Hass auf Frauen titelte. Und in der aktuellen Ausgabe der ZEIT durfte Sarah Connor einen Artikel schreiben. Und auf Spiegel + steht ein Text über Femizid. Leider hinter einer Bezahlschranke.

Und dann komme ich mit einem kleinen Text, was berechtigt mich dazu?

Das ist eigentlich völlig schnurz, denke ich. es ist auf jeden Fall besser, als gar keine Stellung zu beziehen.

Egal wo und wie, ich glaube, wir müssen einfach öfter mal das Maul aufmachen.
Hier zeigt uns Elise, was sie vom alltäglichen Sexismus hält.

Mit den Mitteln und Wegen, die uns zur Verfügung stehen. Meinen Weg liest du gerade – vielen Dank dafür!

Manchmal kann es auch einfach ein Gespräch sein. Zum Beispiel mit einem Mann, der dir gerade die Welt erklären will. Der aber überhaupt nicht merkt, wie frech das ist. Dem musst du es dann eben sagen. Oder du verzichtest auf ein Produkt, dass mit frauenverachtender Werbung daherkommt. Oder du trittst im Job für deine Interessen ein. Oder…?

So machtlos sind wir nämlich gar nicht, wenn ich es genau betrachte. Und dafür bin ich nun wirklich dankbar!

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